Perfekte Pisten, kompakter Schnee und ein besonderes Reinheitsgebot

Bevor ich aus dem Auto steige, schaue ich bewusst auf die Außentemperaturanzeige: - 4° C. „Ideale Schneibedingungen“, wird Mario Oberauer später noch zufrieden bestätigen. Mario ist Betriebsleiter der Bergbahnen Dachstein West in Annaberg und erzählt mir heute interessante Facts, die ich über die Beschneiung eines Skigebietes noch nicht gewusst habe. Neugierig geworden? Dann folgt mir in sein Büro bei der Donnerkogelbahn.

Dort ist es relativ warm und der Besucherstuhl schaut aus wie eine kleine Ausgabe eines bequemen Sessellifts. Mario bietet mir den Stuhl an, während er am PC mehrere Fenster öffnet. Von hier aus kann er jede einzelne Schneekanone und Schneilanze überwachen. Zwei Männer sind draußen unterwegs und kontrollieren die Maschinen vor Ort. Alles läuft nach Plan somit hat Mario hat Zeit für meine Fragen.

Mario, wieviele Schneekanonen sind in Annaberg und in der gesamten Skiregion Dachstein West im Einsatz?

Mario: „In der gesamten Region sind 232 Schneekanonen und 160 Schneilanzen im Einsatz, davon sind es in Annaberg 93 Maschinen.“

Was ist der Unterschied zwischen Schneekanonen und Schneilanzen?

Mario: „Bei Schneekanonen wird durch den Ventilator ein starker Luftstrom erzeugt wodurch das Luft/Wassergemisch eine hohe Wurfweite erreicht. Durch den großen Schwenkwinkel des Schneeerzeugers kann eine Fläche gleichmäßiger mit Schnee beaufschlagt werden und ist somit nicht so windanfällig. Im Gegensatz dazu haben Lanzen, da kein Ventilator vorhanden ist eine geringe Wurfweite, welche nur durch den Druckluftkompressor erzeugt wird. Deshalb werden Lanzen eher auf schmalen Wegen oder nicht so windanfälligen Plätzen eingesetzt, wie z.B. auf Skistraßen. Eine Lanze benötigt in etwa ein 1/5 der Leistung einer Schneekanone welche sich auf ca 20 – 25 kW beläuft. Da könnte man beispielsweise die Piste am Kopfberg nur mit sechs Kanonen besetzten, weil nicht mehr Strom vorhanden ist. Jedoch durch den geringen Energiebedarf der Lanze kann man eine durchgehende effektive Linie herstellen. Der Nachteil der Lanzen zeigt sich beim Transport, da sie recht sperrig sind. An der Skistraße befinden sich zum Großteil stationäre Lanzen. Die mobilen Schneeerzeuger werden nach der Beschneiung eingelagert.“

Stichwort Energie: Wasser und Strom wird für die Schneeerzeugung benötigt?

Mario: „Ja das ist richtig. Das Wasser aus dem Speicherteich wird als Schmelzwasser wieder gesammelt und rückgeführt. Es ist also ein Wasserkreislauf, bis Mitte Juni ist der Speicherteich wieder voll.“

Was ist eigentlich drin im „Kunstschnee“ – oder gibt es so etwas wie ein Schneekanonen-Reinheitsgebot?

Mario: „Die Bezeichnung Kunstschnee vermittelt da eine falsche Annahme. Denn tatsächlich braucht es nur Wasser und kalte Luft. Kunstschnee hat nichts mit Chemikalien oder unnötiger Umweltbelastung zu tun. Der Wasserstrahl wird im Prinzip durch Düsen fein zerstäubt, am äußeren Ring der Schneekanonen befinden sich weitere Düsen die sogenannten Nukleatoren die ein Druckluft/Wassergemisch zur Bildung von Kristallisationskeime beimengen, somit entstehen die Schneekristalle. Da handelt es sich nur um Wasser und Luft – es ist absolut keine Chemie im Spiel.  Unser verschneites Wasser hat Trinkwasserqualität!

Wieviel Schnee produziert eine Schneekanone in der Stunde?

Mario: „Dazu brauchen wir einen Wert, mit dem man rechnen kann - nehmen wir Liter pro Sekunde. Unsere Maschinen produzieren Schnee ab einer Feuchtkugeltemperatur von – 2,5 °C. Diese Feuchtkugel ist, grob gesagt, eine Kombi aus Temperatur und Luftfeuchte. Umso trockener die Luft, desto besser kann man schneien. Das wird auf der Wetterstation gemessen, mit der jede Kanone und Lanze ausgestattet ist. Unsere Schneekanonen produzieren bis zu 100 m³ in der Stunde.“

Ab – 2,5 ° C kann technischer Schnee produziert werden. Gibt es umgekehrt eine Temperatur, bei der es zu kalt ist zum Schneien?

Mario: „Nein, grundsätzlich nicht, aber bei 2stelligen Minusgraden kann es eine Herausforderung werden, dass keine Wasserleitungen abfrieren. Minus 7/8 ° C wären ideal zum Schneien.“

Wann beginnt Ihr mit der Beschneiung?

Mario: „Die Schneekanonen werden im Oktober, wenn die Tiere von der Alm abgetrieben werden, am Berg positioniert. Dann folgen auch die Maschinen im Tal. Ab 1. November ist es erlaubt zu schneien – natürlich müssen die Temperaturen passen. Momentan passt die Wetterlage perfekt, unsere Beschneier sind dann im Schichtbetrieb Tag und Nacht mit der Beschneiung zugange.“

Wie lange wird maschinell beschneit?

Mario: „Ja, denn nur so können wir die Pistenqualität über die ganze, lange Saison gewährleisten. Die Struktur von technischem Schnee ist viel kompakter. Fällt ein halber Meter Naturschnee, bleiben nach dem Walzen nur mehr rund 10 cm Schneedecke übrig. Beim technischen Schnee bleibt die Höhe fast zur Gänze erhalten.“

Was kostet so eine Maschine und wie lange ist sie durchschnittlich im Einsatz?

Mario: „Eine Schneekanone kostet rund 30.000 €, Schneilanzen gut die Hälfte. Ich würde sagen, sie haben eine Lebensdauer von rund 25 Jahren. Es hat sich mittlerweile aber bei den neueren Geräten viel getan mit weniger Stromverbrauch und mehr Effektivität bei geringeren Temperaturen.“

Kommst du selber zum Skifahren?

Mario: „Ja natürlich! Ich bin schon beruflich gerne im Skigebiet unterwegs und genieße auch meine freien Tage mit meinen Kindern auf der Piste.“

Danke für das nette Gespräch und eine gute Saison!